Contract-Eingang, Triage & Risiko-Routing

In der Praxis scheitert Vertragsarbeit selten am Recht, sondern am Prozess: falsches Postfach, fehlende Felder, unklare Zuständigkeiten. Sales Operations schiebt, Einkauf prüft, Legal bewertet – und zwischen den Stationen gehen Stunden und Tage verloren. Dieses Use Case-Design ersetzt die Sucharbeit durch einen KI-gestützten Intake-Flow, der Informationen standardisiert und die juristische Entscheidungsvorlage vorbereitet – die Entscheidung bleibt beim Menschen.

Das heutige Problem

Verträge treffen als PDFs, Scans und Dateien mit Änderungsmarkierungen ein. Teams kopieren Klauseln in Tabellen, suchen Verlängerungsfenster und leiten Entwürfe an „vermutete“ Zuständige weiter. Jeder Rückfragezyklus kostet Zeit; uneinheitliche Abweichungsdokumentation verschleiert Risiken. Führungskräfte sehen Verzögerungen ohne klare Ursache.

Der KI-gestützte Ablauf

Eine Intake-Adresse (oder ein Portal) nimmt alle Vertragsartefakte entgegen. Die Orchestrierung startet ein Document-Understanding, das Typen erkennt (MSA, DPA, NDA, Order Form), Felder extrahiert (Laufzeit, Verlängerung, Haftungsdeckel, Rechtswahl, Datenresidenz) und mit Playbooks vergleicht. Ein Routing-Agent erstellt ein einseitiges Briefing, hängt das Original an, markiert Abweichungen und sendet es an die zuständige Rolle – mit Audit-Trail. Ein Review-Assistent beantwortet Fragen wie „Wo steht X?“ via Retrieval über Dokument und Policylibrary. Legal entscheidet; der Prozess entfernt die Zettelwirtschaft.

Privacy-by-design, compliance-aligned

Verarbeitung mit Datenminimierung, Zugriffskontrollen und lückenlosen Protokollen. Sensible Abschnitte (z. B. PII in DPAs) werden in Summaries maskiert. Verarbeitung kann EU-gebunden erfolgen; keine Trainingsnutzung von Kundendaten. Es handelt sich um Entscheidungsunterstützung, nicht um Rechtsberatung.

Was der Pilot beweist (30–60 Tage)

Start mit einer Dokumentfamilie (z. B. NDAs) und einer Region. Erfolg bedeutet: messbar kürzere Zeit bis zum ersten Legal-Review, konsistente Erkennung von Playbook-Abweichungen und vollständige Routing-Transparenz. Legal validiert Summaries und genehmigt oder ändert. Das AI-Team misst Präzision/Recall der Extraktion und justiert Prompts, Regeln und Schemas.

Hypothesen-Metriken (illustrativ, nicht garantiert):

• Durchlaufzeit: 5–7 Tage → 1–2 Tage bis zur ersten Legal-Sichtung
• Ersttreffer-Genauigkeit Extraktion: 93–96 % nach Tuning
• Weniger Rework: 30–40 % weniger Ping-Pong-Mails pro Vertrag

Schnelles ROI-Rechenbeispiel:
600 Verträge/Jahr × 2 Stunden manuelle Aufbereitung = 1.200 Stunden.
Bei €90/Stunde ≈ €108.000/Jahr. Automatisierung von 60 % ergibt ~€65.000 Zeitgewinn – exklusive Umsatzvorzieheffekte durch kürzere Zyklen.

Risiken und Gegenmaßnahmen

Unklare Scans, Redlines ohne Kontext und unübliche Layouts erschweren die Extraktion. Das Produkt- und Engineering-Team setzt auf OCR-Fallback, Layout-Parsing und ein „Confidence-Dashboard“, das Felder mit geringer Sicherheit zur Pflichtsichtung markiert. Governance: unveränderliche Routing-Logs und rollenbasierte Zugriffe.

Vom Pilot zum Rollout

Nach Erfolg der ersten Dokumentfamilie folgen DPAs und MSAs, Anschluss an E-Signatur und Übergabe strukturierter Daten an CLM/ERP. Taxonomie wird versioniert; Playbooks leben im Retrieval; Routing wächst per Regel statt per Headcount. Der Modus wechselt von „Wer hat die Datei?“ zu „Welche Entscheidung ist jetzt nötig?“